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Milana – 14 Tage in der Hand von Terroristen

24.5.2014 society.lb.ua (weitere Quellen am Ende des Artikels)
Übersetzung aus dem Russischen

Milana Omeltschuk verbrachte 14 Tage in der Geiselhaft der sogenannten “Separatisten” in der Ostukraine. Sie wirkt so, als müsste sie ununterbrochen lächeln, aber in Wahrheit hat sie fürchterliche Kopfschmerzen und erträgt kein helles Licht mehr. Ihr Atmung ist unregelmäßig. Während ihrer Gefangenschaft wurde sie geprügelt und immer wieder spritzte jemand ihr unbekannten Substanzen, man kann an ihren Armen die Spuren dieser Injektionen noch deutlich erkennen. In diesem Folterzimmer sah sie auch viele andere Gefangene, durchweg Männer die man alle dem „Rechten Sektor“ zuschrieb – genau wie sie auch. Über das Schicksal dieser männlichen Gefangenen ist derzeit nichts bekannt.

Milana ist professionelle Fotografin und ein engagierter Bürger ihres Landes. Sie war wie viele andere Ukrainer auch im Winter auf dem Maiden gewesen. Nach Donetsk war sie gereist um selbst mit den Menschen dort sprechen zu können und um sich ein eigenes Bild von der Lage dort zu verschaffen. Sie wurde mitten im Zentrum von Donetsk am 5. Mai gekidnappt und einem schwarzen Kleinbus entführt.

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Foto: Maria Lebedewa

Wie lief deine Gefangennahme ab?

Ich wollte gerade zum Bahnhof aufbrechen. Ich sah, dass vor dem Haus in dem ich wohnte, ständig Leute in schwarzen Uniformen patrouillierten. Ich passte einen freien Moment ab und ging los. Ich hatte meine Tasche mit der Kamera dabei, wie immer.
Ich ging eine Hauptstraße entlang, ich weiß nicht welche genau das war. Plötzlich fuhr ein schwarzer Kleinbus auf meine Höhe, die Türen waren offen, und man zerrte mich da rein. Dann begriff ich das eben diese Leute dort wo ich gewohnt hatte als Wachen aufgetreten hatten. Sie waren alle groß und athletisch. Der Bus waren innen leer , ganz ohne Sitze. Man zog mir sofort einen schwarzen Sack über den Kopf.

Was geschah im Kleinbus weiter?

Keiner sagte ein Wort. Ich hatte große Angst. Dann hielt der Bus an , sie stiegen für 15 Minuten aus. Sie stiegen wieder ein, und plötzlich schlug mir jemand von hinten auf den Nacken. Danach wurde ich in einen Raum gebracht. Meine Arme waren hinter dem Rücken gefesselt und meine Augen mit einer Binde verdeckt.

Waren da noch andere Leute?

Ja. Da waren andere wie ich auch.

Und was taten die?

Alle saßen schweigend da. Wir durften uns auf keinen Fall unterhalten.

Gab es einen Wachmann?

Ja, die ganze Zeit über.

Was für Befehle erteilte man Euch?

Sobald ihr Anführer „Spezialist“ reinkam, mussten alle die Augen zumachen.

Wurdest du auch verhört?

Ja, sie fragten mich aus, wollten wissen woher ich gekommen sei. Aber die ganzen ersten 24 Stunden geschah gar nichts ich musste einfach nur dasitzen.

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Foto: Maria Lebedewa


Hast du gehört wie andere verhört wurden? 

Ich hörte laute Schreie, Schreie von Männern die aus den anderen Räumen kamen. Jede Nacht. In allen Nächten wo ich dort war herrschten diese Schreie. Sie schrieen sehr laut.
Den ersten Tag über bekam ich nichts zu trinken, obwohl ich darum gebeten hatte.
„ Das hast du so verdient, sitz und halt die Klappe..“ Sie schrien herum- Hier haben sie uns so eine Bandera-Faschistin gebracht!, man nannte mich Spionin, Faschistin und ich wurde als Mitglied des „Rechten Sektors „ beschimpft. Dann warfen sie mich in ein Zimmer und begannen mit dem Verhör: Wie heißt du? Familie, Wohnort, was ist dein Beruf?…

Was für einen Sprechweise hatten die Leute dabei, wie führten sie die Verhöre?

Es waren Ukrainer da, aber die meisten dort schienen mir Russen zu sein, Ich glaube es jedenfalls denn aus den Gesprächen untereinander ging hervor , dass sie gar nicht wussten, wer in der Ukraine wer war. Sie sagten auch manchmal : Bei Euch… Bei euch ist das so, aber bei uns läuft das anders, da herrschen andere Regeln.. Und „ was es wohl gerade bei uns so gibt? 

Was genau wollten sie von dir denn wissen?

Sie forschten nach Kontakten im „Rechten Sektor“ – das war ihre Bezeichnung….fragen was ich auf dem Maidan (in Kiev) zu suchen gehabt habe , warum ich hier nach Dontsk gekommen sei, und wer meine Auftraggeber seien .. Sie stießen Beleidigungen hervor. Wenn ich nicht antwortete gaben sie mir eine Ohrfeige, oder versetzten mir einen Hieb mit dem Gewehrkolben auf den Kopf. 

Am schlimmsten war, wenn sie einen anderen Gefangenen neben mich legten, und jedes Mal wenn ich auf etwas keine Antwort gab begannen, ihn dafür zu schlagen. Damit ich hören musste, wie weh es ihm tat, seine Schreie mitbekam. Sie schlugen mit großer Härte.

Und mich fragten sie :Sag und die Telefonnummer desjenigen für den du auf den Maiden gegangen bist? Und. Wer zahlt den Maiden Leuten? Die Amerikaner? Sie schoben immer alles auf die Amerikaner. „ Wieviel habt ihr pro Person kassiert? Wofür wart ihr dort? Habt ihr da echt in Zelten gelebt? Wer arbeitete da mit Jarosch zusammen? Wer finanziert den, woher bekommt er sein Geld? Also sie fragten ständig solche Fragen auf die man keine Antwort geben kann.

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Foto: Maria Lebedewa

Hast du dann so geantwortet, wie sie es wollten?

Ich wusste nicht was ich antworten sollte. Es war absurd, fast so als ob draußen noch der Februar herrscht und der Maidan noch voll im Gange ist. Ich sagte ihne dass ich dort für die Freiheit und die Unabhängigkeit meines Landes gestanden habe. Aha sagten sie : Du bist also eine Patriotin von der Ukraine von denen? Ich sagte : Ja. Und sie sagten: Dann musst du für deinen Patriotismus zahlen. Sie schlugen mir auf den Kopf und bedrohten mich. 

Sie drohten: Wenn du nichts sagen wirst, musst du einmal mit jedem vögeln, und wir sind ganz schön viele hier.
Manchmal forderten sie mich auf die Bluse auszuziehen. Sie kniffen mir manchmal das Gesicht, fassten mich am Körper an. Oder zogen an meinen Haaren.


Waren da noch andere Frauen?

Nein.

Und du warst die ganze Zeit in einem Zimmer?

Nein , es gab dort zwei. Eines war kleiner. das andere größer. Im größeren waren mehr Leute im kleineren wohl sieben, im größeren 12.

Wie hörten die Verhöre auf? Wenn du nichts sagtest, schlugen sie dich und dann war die Sache vorbei? 

Ja. Man verhörte mich insgesamt vier mal. Jeweils für ungefähr 2 Stunden. Ich war völlig entkräftet, wollte immer nur trinken. Ab dem 2.Tag verlor ich immer öfter das Bewusstsein Da begannen sie mir etwas Wasser zu geben. Ich kippte sonst einfach um.Am dritten Tag wurden Arme und Augen ab und zu frei gemacht, dann wurde ich wieder geknebelt Schlafen konnten wir nur im Sitzen. Wir saßen auf einer Art Bank. Da saßen ja auch andere, die zu Verhören weggeführt wurden.Manchmal ließen sie auch einen frei. So sass ich etwa fünf Tage mit verbundenen Armen und Augen dort. Am Anfang waren die Arme hinten verschnürt, aber dann vorne, denn ich hatte das erbettelt.
An den Schreien konnte man mitkriegen wann die Nacht begann. 

An einem der Tage stieß man mich und noch ein paar der Männer dort in ein Auto und fuhr uns irgendwo hin, vielleicht in einen Wald , denn rundum war es sehr still. Man holte uns aus dem Auto und liess und hinknien.Dann trat jemand neben uns, und legte uns eine Maschinenpistole and den Kopf. sagte- wir sollten jetzt unser letztes Gebet sprechen. Wenn wir zu leise beteten, schlug er zu und herrschte und an, wir sollten lauter beten. Dann wurde in die Luft geschossen.

Ich wurde vor Angst geschüttelt, und dann verlor ich wohl das Bewusstsein, denn ich wachte auf dem Boden liegend wieder auf. Die Männer rundum wurden geprügelt. Ich weiß nicht ob sie da nur in die Luft feuerten oder jemanden erschossen haben. Ich kann nicht sagen, was mit den anderen geschehen ist. So wurden zweimal immer 4 oder fünf von uns rausgefahren. Sie wollten dass du genau mitkriegst wie ein Mensch neben dir leidet. Und als sie mich wieder mitnahmen dachte ich bei mir, jetzt bin ich wohl erledigt, ich sitz da schon zu lange, es macht ja keinen Sinn mehr mich weiter, zu verhören. Ich hatte nicht mehr geglaubt, dass sie nicht freilassen könnten.

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Foto: Maria Lebedewa


Wie verliefen diese Tage in Gefangenschaft? Hast du irgendwelche Gespräche mitbekommen? Hat jemand was zu dir gesagt? 

Jedes Mal wenn sie reinkamen, gab mir jemand einen Tritt und sagte: Na, wie sitzt man in so einem Loch, du Badera-Faschistin? Man nannte mich abwechselnd- Judenspionin und „Faschistische Spionin“ oder Journalistenhure. Ich saß nur still da. Die ersten Tage über hatte ich große Angst, wurde hysterisch. Dann schlugen sie mich, damit ich ruhiger wurde. Sie drohten, wenn ich weiterschreite , würden sie jemand anders zur Strafe schlagen.

Wurdest du auch geschlagen, während jemand neben dir verhört wurde? 

Manchmal ohrfeigten sie mich. Oder schlugen mir in den Bauch. Einmal schlug mir jemand als ich dalag so stark auf die Füße, das mein ganzer Körper geschüttelt wurde. Aber nach fünf Tagen machten sie meine Fesseln ab. Die Augen auch.Mein Hauptverhör war vorüber. Ich durfte aufstehen, und ein wenig gehen. Aber der Raum war so eng, viel Gehen konnte man da nicht. An dem Tag als mir die Augenbinde abgenommen wurde, sah ich sechs andere dort im Raum. Drei davon geknebelt und mit Augenbinden. Wir durften nicht reden. Wenn auch nur einer den Mund aufmachte, um zu fragen, wie es einem ging, schrieen sie sofort: Maul halten! 

Kanntest du jemanden unter den Gefangenen?

Nein, ich kannte keinen. Sie waren alle zwischen 20 und 50 Jahre alt. Alle wurden dort als „Rechter Sektor „ bezeichnet.Es gab keine Fenster. Nur Betonmauern. Und eine Bank ringsum. Sie ging über die Ecke.Die Mauer war grünblau und oben sah man dass dahinter grau war. Die Decke war nicht hoch. Eine nackte Glühbirne erhellte den Raum.

Ist dir einer der Gefangenen besonders im Gedächtnis geblieben?

Da war ein junge Mann, der war wohl ein Neuzugang , denn er war nicht geknebelt und trug die Augenbinde. Das war wohl am siebten oder neunten Tag. Den führten sie Abends weg und als der nächste Tag anbrach, war sein Gesicht kaputt sein Hemd war butgetränkt, und vielleicht seine Lunge angeschlagen denn er atmete sehr schwer. Er lag am Boden. Bis zum nächsten Abend, dann nahmen sie ihn, mit, und er wurde dann nicht wieder gebracht. 

Man hatte uns verboten den Verletzten zu betreuen, ich frage ihn nach seinem Namen- er sagte, Sergey. Aber die Wache kam sofort und schlug mich dafür.

Wurden da sonst irgendwelche Namen genannt?

Ein etwa 40ig-jähriger namens Vladimir war dort. Als der „Oberste“ ihn befragte hatte er das gesagt. Vielleicht ist er wieder frei. Wir wussten ja nie, was mit den anderen geschah. Einer fragte mal den Wärter, wo unsere Nachbarn von drüben hingekommen seien. Und sie antworteten: Man hat sie laufen lassen. Macht euch keine Sorgen: ihr werdet auch laufen gelassen.

Und was redeten die Wachleute untereinander so?

Sie sprachen oft von der Unabhängigen Republik Donetsk. „ Wir leben schon dort. Jetzt gehört hier alles uns.“ Die meisten hatten ein stark russische Aussprache. Sie benutzten nicht die Ukrainische sondern russische Art, „dass“ zu sagen.Sie hatten immer ihre Masken auf, nur der Mund und die Augen lagen frei. Sie trugen dunkelgrüne Tarnuniformen. Die Injektionen verabreichte immer nur der „Spezialist.“.

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Foto: Maria Lebedewa


Der Wachmann kam rein, setzte die Pistole an meine Schläfe und drohte mir: Wenn du dich rührst, erschießen wir dich- und der zweite setzt mir die Spritze. In die Schulter, oder die Vene, jedem Tag woanders. Es fand auch nicht jeden Tag statt. Aber nach 10-15 Minuten verlor ich danach die Orientierung und hörte schlechter. Ich kann mich an einen Teil der Dinge nicht mehr erinnern. Ich konnte dann auch nicht mehr stehen, oder sitzen, lag auf dem Boden, der Beton war eiskalt. Aber dann kam das Fieber, und auf dem Boden war es sogar besser. 


Wie hat man dich freigelassen?

Es war morgens. Ich und zwei weitere wurden in ein Auto gesetzt. Meine Augen waren verbunden. Wir fuhren für etwa eine Stunde. Man stieß uns aus dem Wagen und sagt: Solange wir nicht verschwunden sind, lass die Augen verbunden. Sie liessen dort nur mich raus. Als wir stoppten steckte jemand was in meine Jeans. Das war mein Pass, wie sich herausstellte

Als ich hörte dass das Auto weg war öffnete ich die Augen. Ich konnte mich nicht sofort orientieren. Dann ging ich zu den nächsten Häusern. Ich frage einen Passanten wo ich sei. Es war Donetsk. Zu anfangs versuchte ich bei den Passanten um Hiefe bitten, rausfinden wo ich bin, und wieder zu mir kommen. Aber mehre Leute die ich um ein Telefonat bat lehnten ab und sagten sie haben kein Handy.Dann ging ich zu einer Autostraße und erkundet mich wohin es zum Bahnhof geht. Ich ging dort dann 40 min oder eine Stunde hin, blieb öfter stehen.Es war schwer zu gehen,

Und wen hast du im Bahnhof dann um Hilfe gebeten?

Ich bin erst auf die Bahnhofswache. Ich habe meine Lage so gut ich konnte erklärt. Er stellte sich mir als Leutnant vor. Er sagte: Tut mir leid aber wir können hier nichts für sie tun Das ist nicht unser Kompetenzbereich. Im Bahnhofshotel bat ich einen Anruf machen zu dürfen aber man sagte nein. Telefonieren ließ mich schließlich erst eine Bedienung im Bahnhofscafe. Ich konnte aber daheim niemand erreichen ( Milana lebt bei ihrer Grossmutter in Kiev). Daraufhin habe ich im Internetcafe auf Facebook meinen Status gemeldet und eine Hilfsmeldung eingestellt, man solle mir antworten. Und gerat mal drei Minuten darauf kontaktierte mich ein Mann und schrieb dass er seit dem 6. Mai auf der Suche nach mir sei. Er heisse Viktor. Dann kontaktierte er Leute, die zu mir fuhren, und mich an einen sicheren Ort bringen halfen.

Übersetzung aus dem Russischen von Thomas Schmidt via Boris Reitschuster

Quellen (russisch):

 

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