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Wichtiger Prozess in Dnipropetrowsk: Entschädigung wegen Haft nach Euromaidan-Demonstration vom Januar

Ein Gericht hat drei Euromaidan-Aktivisten aus Dnipropetrowsk jeweils 50.000 ukrainische Hrywen (ca. 2500 €)  als Entschädigung für die unrechtmäßige Festnahme und Inhaftierung zugesprochen. Alle drei wurden am 26. Januar festgenommen während einer friedlichen Demonstration zur Unterstützung der europäischen Integration und aus Protest gegen die Schläge gegen die friedlichen Demonstranten auf dem Maidan in Kyiw sowie die Tötung von zwei Aktivisten, von denen einer aus Dnipropetrowsk kam: der 21-jährige Serhyj Nigojan.

Die Proteste vor der Regionalverwaltung arteten in grundlose Gewaltanwendung gegen die  Demonstranten aus. Wie damals berichtet, gab es klare Beweise in Form von Videos und  Augenzeugenberichten, denen zufolge die Polizei und die lokalen Behörden mit ‘Tituschki’ [bezahlten Schlägertrupps] zusammenarbeitete.

In folgenden Video können Sie zum Beispiel sehen, wie Menschen im Beisein von Polizisten brutal von Tituschki zusammengeschlagen wurden:

Es war auch leicht zu sehen, dass die Tituschki Schlagstöcke zur Verfügung gestellt bekamen, um mit diesen gegen die Demonstranten vorzugehen. Auf diesem Video sieht man sportlich aussehende junge Männer, die meisten mit Masken und Kapuzen innerhalb der Regionalverwaltung von Dnipropetrowsk. Einige sind auch mit denselben Schutzschilden ausgestattet, wie sie von den Strafverfolgungsbehörden verwendet werden:

Nach Aussage eines Zeugen, eines ehemaligen Polizeibeamten, hatten die Tituschki den Angriff auf die Regionalverwaltung provoziert. “Die Polizei verteidigte sie mit unglaublicher Vehemenz, mit Wasserwerfern bei Temperaturen von minus 15 Grad sowie mit Tränengas. Die Tituschki versteckten sich während des Angriffs hinter den Reihen der Berkut-Bereitschaftspolizei, sie schleuderten Steine auf die Demonstranten und beschossen sie aus Pistolen.”

In der Nacht vom 26. bis 27. Januar erließen die Richter  M. Bibik und M. Reschetnik zahlreiche Haftbefehle und Haftanordnungen für zwei Monate, gültig bis 27. März. Die Haftbefehle waren alle identisch, die Begründung lautete “schwer wiegende Beweise in Form von Zeugenaussagen und anderen Materialien aus dem Ermittlungsverfahren”. Damit sollte anscheinend der “Fluchtgefahr, der Behinderung des Untersuchungsverfahren oder der Begehung anderer Straftaten” vorgebeugt werden.

Die Rechtsanwälte Witalij Pogosjan, Oksana Tomtschuk und Kollegen übernahmen die Verteidigung der 14 Menschen, darunter auch die beiden, denen jetzt die Entschädigung zuerkannt wurde. Aufgrund ihrer aufopfernden Bemühungen konnte erreicht werden, dass im Berufungsverfahren einige der Haftbefehle erfolgreich für ungültig erklärt wurden. Das Gericht entschied auf andere Maßnahmen ohne Haft.

Die Vorgänge in Dnipropetrowsk und das Verhalten der Richter konnte man damals auch in anderen Städten der Ukraine beobachten, als Menschen im Routineverfahren in Untersuchungshaft genommen wurden.

Am 19. und 20. Februar entschied das gleiche Babuschkinskij-Bezirksgericht in Dnipropetrowsk, dass alle Untersuchungshäftlinge auf Grundlage des sogenannten “Amnestiegesetzes” freigelassen werden sollten. Die Anwälte legten gegen dieses Urteil mit der Begründung Berufung ein, dass durch die Freilassung und Einstellung der Gerichtsverfahren “keine Rehabilitierung” erfolge.

Das Berufungsgericht hob die Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das erste Gericht zurück, und schließlich wurden die Verfahren zwischen dem 16. und 20. Mai eingestellt, als die Staatsanwaltschaft die Anklagen zurückzog, weil keine Straftaten begangen worden waren.

Der nächste Schritt war die Sicherstellung von Entschädigungen für die unrechtmäßige Inhaftierung. Der ursprüngliche Antrag forderte 100.000 Hrywen pro Person. Pogosjan betont, dass diese Summe sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte orientierte.

Erstaunlicherweise wandten sich die Staatsanwaltschaft und Vertreter der Polizei gegen die Anträge auf Entschädigung und behaupteten, dass die Ermittlungsbehörden und Staatsanwälte lediglich im Rahmen der Strafprozessordnung vorgegangen seien. Sie behaupteten auch, dass es keine Verstöße bei der Verhaftung und der der Inhaftierung der Demonstranten seitens der Staatsanwaltschaft gegeben habe, obwohl die Anklagen im Mai fallen gelassen wurden, weil gar keine Straftaten begangen worden waren.

Eine Untersuchungskommission hat bereits festgestellt, dass die Richter Bibik und Reschetnik unter Verstoß gegen ihren Amtseid gehandelt haben. Derzeit wird in dieser Sache eine Entscheidung des Hohen Justizrats erwartet.

Witalij Pogosyan und seinen Kollegen ist zu gratulieren für ihren Erfolg bei der Erlangung von  Entschädigungen für die drei rechtswidrig inhaftierten Demonstranten. Er hat nicht die Absicht, sich damit zufrieden zu geben, und betont, dass beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für alle 14 Mandanten Anträge gestellt wurden.

Wenn sie in der Ukraine nicht die Gerechtigkeit finden sollten, wird das sicherlich in Straßburg geschehen, aber diese Urteile auf Entschädigung geben einen Hoffnungsschimmer, dass Gerechtigkeit auch zu Hause möglich ist.

Autorin: Halya Coynash

Quelle: Charkiwer Menschenrechtsgruppe

Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch

Foto: Tituschki und Polizei gegen Demonstranten – Januar 2014

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