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Geldwäsche? Der Front National erobert die russischen Millionen – Teil 2

von Marine Turchi, Mediapart, 22.11.2014

Titelbild: Die First Czech Russian Bank (FCRB). © Google Street View

Teil 1 der Übersetzung hier auf Euromaidan Press

Die Vorsitzende des Front National hat im September ein Darlehen von 9 Millionen Euro von der First Czech Russian Bank (FRCB) bekommen. Von dieser Summe wurde ein Teil, 2 Millionen Euro, bereits ausgezahlt. Unmittelbar vor einem Kongress des FN, wirft diese Finanzspritze, die die Partei nach intensiver Lobbyarbeit der Parteiführer in Moskau erhalten hat, sowohl die Frage nach der Herkunft dieses Geldes als auch die Frage nach ausländischer Einmischung in das politische Leben Frankreichs auf.

Teil 2:

Im April 2014 kehrt die Vorsitzende des Front National nach Moskau zurück, dieses Mal im privaten Rahmen, um Sergej Naryschkin wiederzusehen. Ihr pro-russisches Engagement bebildert jeden ihrer Besuche. Die Russen ihrerseits machen ihr schon seit mehreren Jahren den Hof und bereiteten ihr jetzt wieder einen freundlichen Empfang. „Sie sind in Russland wohlbekannt und werden als politische Persönlichkeit respektiert“, so Sergej Naryschkin anlässlich ihres Besuches 2013, wie der Figaro damals berichtete.

Wie der Nouvel Observateur bereits angedeutet hatte, besucht sie (im privaten Rahmen) häufig den russischen Botschafter in Frankreich, Alexander Orlow. [Anm. d. Übers.: der mit dem Weihnachtsbaum …] Ihre Besuche in Russland werden durch Ayméric Chauprade unterstützt, seit vier Jahren ihre graue Eminenz, offiziell im Herbst 2013 zum Berater für internationale Beziehungen ernannt und der Motor der pro-russischen Allianz.

Aymeric Chauprade während der Vorstellung der Präsidentschaftskandidatur durch Marine Le Pen am 24. April
Aymeric Chauprade während der Vorstellung der Präsidentschaftskandidatur durch Marine Le Pen am 24. April

Chauprade hat im Juni 2013 vor der Duma einen Aufruf lanciert, der dazu dienen sollte, „der weltweiten Ausbreitung der Rechte sexueller Minderheiten“ entgegenzutreten. Er wurde bis zum vergangenen September mehrfach nach Moskau eingeladen und war danach, im März 2014, einer der „Beobachter“ des auf der Krim von den Separatisten organisierten Referendums.

Aymeric Chauprade mit Elena Misulina und Konstantin Malofejew während des „World Congress of Families“ am 10. September 2014 in Moskau. © Blog von Anton Shekovtsov; mehr zu Malofejew hier und hier. Hier ist das komplette Bild.
Aymeric Chauprade mit Elena Misulina und Konstantin Malofejew während des „World Congress of Families“ am 10. September 2014 in Moskau. © Blog von Anton Shekovtsov; mehr zu Malofejew hier und hier. Hier ist das komplette Bild.

Aymeric Chauprade mit Elena Misulina und Konstantin Malofejew während des „World Congress of Families“ am 10. September 2014 in Moskau. © Blog von Anton Shekovtsov; mehr zu Malofejew hier und hier. Hier ist das komplette Bild.

Chauprade, ein international tätigerer Unternehmensberater in Wien [Anm. d. Übers.: dort hat er seinen Lebensmittelpunkt] für die Firma Lee & Young GmbH, seit Juni gewählter Europaabgeordneter, steht in Verbindung mit einem der Schlüsseloligarchen des Regimes, dem Putin nahestehende Konstantin Malofejew, Chef des Investmentfonds Marshall Capital und der Stiftung Sankt Basilius der Große, der wichtigsten russisch-orthodoxen Wohlfahrtsorganisation. Im Mai 2014 haben sich die beiden Männer in Wien getroffen, und zwar während einer Feier des 200sten Jahrestags der von Zar Alexander I. nach dem Wiener Kongress initiierten „Heiligen Allianz“. [Anm. d. Übers.: Die Heilige Allianz hatte den Zweck, die Monarchen Europas – unter Führung Russlands – gegen freiheitliche und nationale Bestrebungen abzusichern und – durch ihre dezidiert christliche Ausrichtung – gegen das Osmanische Reich abzugrenzen]. Es traf sich eine geschlossene Gesellschaft von etwa einhundert Eingeladenen. Später, am 12. September, trafen sich die beiden während eines Besuchs französischer Volksvertreter im Hotel „Präsident“ in Moskau.

„Ich glaube nicht, daß irgendjemand das Geld des Kreml anfasst.“

Doch es gibt einen dritten Mann, der es dem Front National ermöglicht hat, in Russland finanzielle Unterstützung zu bekommen: Jean-Luc Schaffhauser, ehemaliger Berater der Rüstungsfirma Dassault, letzten Winter an die Spitze der Parteiliste für die Stadtratswahlen von Straßburg katapultiert, im Frühjahr auf den dritten Platz der Liste der Île-de-France für die Europawahl. Schaffhauser stellte Marine LePen, während einer in Russlang geheimgehaltenen Reise im Februar, einem einflussreichen nationalistischen Abgeordneten vor, Alexander Michailowitsch Babakow – Berater von Präsident Putin, verantwortlich für die Zusammenarbeit russischer Organisationen im Ausland. Während dieser Reise traf die Vorsitzende des Front National Wladimir Putin und schaltete sich in die Suche nach einer Organisation ein, die in der Lage wäre, dem Front National einen Kredit zu gewähren.

Der Dumaabgeordnete Alexander Michailowitsch Babakow, ehemaliger Chef der nationalistischen Partei „Rodina“ [Anm. d. Übers.: der einst auch Dmitri Rogozin vorstand, heute Minister für den militärisch-industriellen Komplex und einer der Vizepremiers], verantwortlich für eine Kommission der der Militärisch-Industrielle Komplex obliegt, steht auf der Liste der Personen, denen infolge der russischen Intervention in die Ukraine die Einreise in die EU untersagt ist.

schaffhauser
Jean-Luc Schaffhauser, seit dem 25. Mai 2014 über die Liste von Aymeric Chauprade EU-Abgeordneter © eurojournaliste.eu

Jetzt, als EU-Abgeordneter, hat Herr Schaffhauser in seiner Interessenerklärung angegeben, ein Interessenschwerpunkt, in dem er spezialisiert sei, sei für ihn „die Errichtung von Firmen im Ausland und die Suche nach Finanzierungen für diese Firmen“. Dieser ehemalige Zentrumsmann, der kein Mitglied des Front National ist, ist in Ukrainefragen sehr aktiv, sowohl im Europa-Parlament als auch in bestimmten prorussischen Medien. Er ist in der Ukraine auch schon als „Beobachter“ der separatistischen „Wahlen“ in der Ostukraine im November als auch des „Referendums“ auf der Krim im März hervorgetreten.

Schaffhauser war, bevor er EU-Abgeordneter wurde, als Geschäftsmann und Makler tätig und hat sich bei gewissen „frontistischen“ Managern bereits damit empfohlen, dass er den russischen Kredit für Marine Le Pen herbeigeschafft habe. Es bedurfte sicherlich guter Verbindungen, um dieses kleine Geldhaus aufzutreiben. Gegründet 1996 in der Tschechischen Republik, wurde die First Czech Russian Bank (FCRB) schrittweise durch den russischen Giganten Stroytransgaz – führend im Bau von Gasleitungen – übernommen, bevor man sie Roman Jakubowitsch Popow in die Hände spielte, dem früheren Finanzchef von Stroytransgas.

Roman Jakubowitch Popow am 8. September 2011 auf der Festveranstaltung, auf der auch Dmitri Medwedew anwesend war. © clubsdr.ru
Roman Jakubowitch Popow am 8. September 2011 auf der Festveranstaltung, auf der auch Dmitri Medwedew anwesend war. © clubsdr.ru

Heute, als „unabhängiger Bankier“ in Moskau, hat er für die Firma First Czech Russian Bank (FCRB) verschiedene Tochterunternehmen gegründet, so zum Beispiel die European Russian Bank, die dazu bestimmt ist, für sich die europäischen Staaten zu erschließen, zum Beispiel Italien. Obwohl seine Firma die 42.-größte Bank Russlands ist, erscheint Roman Jakubowitch Popow im Moskauer Establishment gut vernetzt. Er war Ko-Präsident der Festveranstaltung zum 50. Jahrestag des Raumflugs von Jurij Gagarin an der Seite von Premierminister Dmitri Medwedjew.

Der Weg dieser Bank, von einer kleinen und wenig bekannten Bank zu einem First-Class-Unternehmen, wirft die Frage auf, welche Finanzmittel der Front National da gefunden hat und nach deren Herkunft, zumal diese Bank faktisch in den Händen eines ehemaligen Staatsbankers ist.

Der Kreml hat in jedem Fall gute Gründe, in Frankreich eine Kraft zu unterstützen, die ihm auch genehm ist, zumal Le Pen auf der Rechten eine Alternative darstellt. „Russland hat Interesse, in Frankreich einen Verbündeten zu haben, der ihm nicht feindlich gesonnen ist. Das scheint mir so verrückt nicht. Es sind schließlich noch immer nicht alle verpflichtet, die Vereinigten Staaten für den Gipfel der Weltzivilisation zu halten“, so der russophile Christian Bouchet. „Es gibt unter den pro-russischen Meinungsmachern den Front National und einige Abgeordnete der UMP, das ist eine Tatsache. Aber ich glaube nicht, dass jemand das Geld des Kreml anfasst,“ erklärt ein Manager des FN.

„Kein Gesetz verbietet es, dass eine politische Partei einen Kreditvertrag mit einer französischen oder ausländischen Bank unterschreibt, vorausgesetzt, damit wird keine Spende einer juristischen Person versteckt und es handelt sich auch nicht um Geldwäsche“, so Rechtsanwalt Jean-Christophe Ménard, ein auf Finanzrecht spezialisierter Anwalt und ehemaliger Berichterstatter der Nationalen Wahlkampfkommission, Commission Nationale des Comptes de Campagne (CNCCFP).

In den neunziger Jahren gingen die Manager der Republikanischen Partei (PR) den Weg über einen fiktiven Kredit bei einer italienischen Bank, der FONDO. Dafür wurden Führungsmitglieder dieser Partei, der ehemalige Verteidigungsminister François Léotard und Renaud Donnedieu de Vabres im Februar 2004 wegen „Geldwäsche“ verurteilt.

„Die Herkunft der Geldmittel für eine Partei ist offensichtlich ausschlaggebend“, so der Anwalt. „Im vorliegenden Fall muss man sich für die Bedingungen des Kredits interessieren, und noch mehr für die Beteiligung des russischen Staates am Kapital der Bank. Das Problem ist, dass die CNCCFP nicht über die Möglichkeiten verfügt, die es ihr erlauben würden, die Gesetzeskonformität solcher Regelungen zu kontrollieren, die manchmal komplex sein können.“

„Eine Partei hat das gute Recht, einen Kredit bei einer ausländischen Bank aufzunehmen“, erklärt man bei der CNCCFP. „Dieser erscheint notwendigerweise auf den Parteikonten, aber wir kennen den Gesamtbetrag nicht. Nur die Wirtschaftsprüfer haben Zugriff auf die Details und üben Kontrolle aus. Wir kontrollieren die Spenden, nicht die Kredite.“

Im Gegensatz dazu sind die Richter Renaud Van Ruymbeke und Aude Buresi heute auf verdächtige Unregelmäßigkeiten bei einer Lobbygruppe im Umfeld von Marine Le Pen bei den Finanzen des FN gestoßen [Anm. d. Übers.: der im französischen Original verwandte Begriff „micro-parti“ ist fast nicht auf deutsche Gruppierungen zu übertragen. Am ehesten wäre er mit Lobbygruppe zur – vorausgesetzt legalen – Geldbeschaffung zu umschreiben]; bei einer erst im September ausgeweiteten Untersuchung fand man Hinweise auf „bandenmäßige Geldwäsche“ bei Krediten, die Kandidaten des FN gewährt wurden. Es wäre nicht absurd, wenn die Richter sich für die Bedingungen interessieren würden, unter denen die First Czech Russian Bank dem FN Finanzierung gewährt hat.

Marine Turchi
Marine Turchi

Autorin: Marine Turchi

Quelle: Mediapart, 22.11.2014

Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch

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